RECKLINGHAUSEN. Sieben Punkte aus 15 Partien: Den Saisonverlauf hat sich die Zweitvertretung des HTV 95/28 eigentlich anders vorgestellt. Viele knappe Spiele mussten die „Ludwiger“ zu Saisonbeginn abgeben, fanden aber zur Winterpause besser in die Spur und holten auch wichtige Zähler im Abstiegskampf. Der Weg für die Mission Klassenerhalt war eigentlich geebnet. Es folgte der Schock.
Folgenschwere Fehleinschätzung: Kevin Polnik (M.) pendelte trotz seiner 22 Jahre weiterhin (verbotenerweise) zwischen den HTV-Teams hin und her. -Foto: Korte
Plötzlich waren alle Punkte futsch: Das war das Ergebnis einer Passkontrolle, die von einem Konkurrenten im Abstiegskampf angeordnet wurde. Der HTV II nutzt wie viele Vereine die U21-Regelung in der Spielordnung, die es Spielern erlaubt, bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres nicht „festgespielt“ zu sein. Regelmäßiger Nutznießer dieses Passus ist Kevin Polnik, der seit seiner Zeit in der A-Jugend Spieltag für Spieltag in beiden Seniorenteams aufläuft. Die Crux: Polnik hat mittlerweile 22 Lenze auf seinen schmalem Buckel.
Das wäre der Konkurrenz zunächst nicht aufgefallen: Denn in bereits erwähnter angeordneter Passkontrolle galt eigentlich das Hauptaugenmerk Björn Franke. Der 30-Jährige, Hauptbestandteil des Bezirksliga-Teams, setzte aber die geforderten zwei Partien „oben“ aus, leitete den Fokus der Prüfung allerdings auf Polnik, der in der ersten Mannschaft entgegen der vorherigen Auffassung des HTV als festgespielt gilt.
„Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass die U21-Regel für Kevin noch gilt“, sagt der stellvertretende Vorsitzende – und selbst Spieler sowie Schiedsrichter – Michael Schiwek. Die bittere Konsequenz: Alle Spiele, in denen Kevin Polnik für die Zweitvertretung aufgelaufen war, wurden kurzerhand gegen den HTV II gewertet, wodurch die Bezirksliga-Reserve nun mit null Punkten am Ende der 1. Kreisklasse geführt wird.
Schuld daran ist ein Zusatz zu der Spielordnung, die den 1. Juli als Stichtag vorgibt. Polnik wurde bereits im vergangenen November 22 Jahre alt. „Die Regel mit dem Stichtag ist sehr komplex dargestellt und erst in einem Kommentar zu dem Paragraphen der Spielordnung zu finden“, erklärt Schiwek.
Aufgeben ist für den HTV II aber keine Option. Nach dem Motto „Jetzt erst recht“ fuhr die Mannschaft am vergangenen Spieltag beim 22:21-Erfolg über die HSG Gelsenkirchen II die ersten regulären Punkte ein. Dafür hatte der HTV II mächtig Routine aufgefahren: So liefen unter anderem Schiwek und Bezirksliga-Trainer Andreas Gutzeit in der Ludwiger Zweitvertretung auf. „Es war der Fehler von uns, des Vorstands, und ich bin froh, dass die Spieler das so gut aufgenommen haben und keiner direkt samt Tasche die Halle verlassen hat“, gesteht Michael Schiwek ein. Der Abstand zum rettenden Ufer beträgt momentan sieben Punkte.
Im kommenden Spieljahr bahnt sich allerdings schon wieder eine Änderung der U21-Regel an. Dann können die Landesverbände selbst über die Auslegung entscheiden. „Ich finde die Regel überflüssig. Eher bin ich froh, dass junge Leute, ob 21 oder 22 Jahre alt, ihre Wochenenden auf dem Spielfeld verbringen wollen“, sagt Michael Schiwek.